Wenn der Käse-Geniesser zum Käser wird
Ehemaliger Betriebsleiter von Verkehrsunternehmungen macht in der eigenen Kleinkäserei den Ruhestand spannend.
SIGLISTORF (fi) _ Aus 200 Liter Kuhmilch werden etwa 18 Kilogramm Käse. Hannes Hayoz braucht für seine Produktion silofreie Milch. Im Sommer bezieht er die «Heumilch» aus Embrach und im Winter aus Frick. Der Mann, der für die Landwirtschaft ein grosses Herz hat, bezahlt seine Lieferanten gut. Die Ziegenmilch, die er für einen besonderen Liebhaberkreis verarbeitet, bekommt er von Silvan Schuhmacher aus dem Dorf. Wenn dessen Tiere wegen Trächtigkeit nicht gemolken werden können, kann Hayoz bei einem Ziegenbauern in Elfingen anklopfen.
Reifen und Lagern
Hergestellt werden nebst normalem Käse auch solche mit Pfeffer oder Kümmel. Auch Liebhaber von Frischkäse kommen auf ihre Rechnung. Die bis gegen 6 Kilogramm schweren Laibe werden regelmässig gewendet und geschmiert. Die Startphase der Reifung geschieht im Kühlschrank. Sie währt aber nur kurz, dann geht es auf Rolltablaren in ein horizontales Rohr in der Erde, das in die Käserei mündet und gegebenenfalls mit einem Ventilator belüftet werden kann.
Zentrales Gerät ist das elektrisch beheizte doppelwandige Käse-Kessi, dessen Mantel sich mit durchfliessendem Wasser kühlen lässt. Das Kessi und die übrigen Einrichtungen sind _ wie es sich für einen Lebensmittelbetrieb gehört _ blitzsauber. Damit dies auch seine amtliche Richtigkeit hat, kommt gelegentlich der Lebensmittelinspektor zu Besuch.
Lebendiger Organismus _ nicht Standartprodukt
Der Siglistorfer Hobby-Käser stellt ein Naturprodukt her. Je nach Futter, das die Kühe bekommen, verändert sich die Milch und damit auch der Käse. Die minimen Unterschiede kann sich der Kleinkäser mit Liebhaber-Kundschaft leisten. Er muss und will nicht das standartisierte Produkt des Grossverteilers anbieten. Überdies weiss er natürlich, welchen Einfluss die Reifezeit auf die Käsequalität hat. Je länger ein Käse bei richtiger Pflege ruhen darf, desto gründlicher können die Bakterien ihre Arbeit tun und desto intensiver wird er im Geschmack. Nicht zu vergessen ist, dass in der Kleinkäserei immer wieder Experimente gewagt werden. Dabei darf auch einmal etwas danebengehen. Die heikelsten Tester seien die im gleichen Haus wohnenden Enkel, verrät der Käser.
Überschaubare Vermarktung
Hannes Hayoz und seine Frau verkaufen den Käse alle zwei Wochen auf dem Wochenend-Markt in Eglisau. Zu diesem Anlass im Städtchen, der von einer kleinen Zahl heimischer Produzenten beschickt wird, kommen gelegentlich auch die Enkel mit. Es geht da locker zu. Die Marktleute bauen die von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Stände selber auf und ab. An einigen Tischen kann man degustieren und konsumieren. «Es ist ein familiärer Städtli-Treff», findet Hayoz. Er hat auch am Weihnachtsmarkt in Siglistorf und am Herbstmarkt in Schneisingen und teilgenommen. Weitere Kundschaft findet sich unter Musikkollegen und Dorfbewohnern. Der Käser wird also nicht von Absatz-Sorgen geplagt. Dennoch möchte er sich in Siglistorf ein _ möglicherweise nur an wenigen Stunden pro Woche geöffnetes _ Lädeli wünschen, wo heimische Anbieter heimische Kunden bedienen könnten.
Ungewöhnlicher Weg in die Käserei
Hannes Hayoz hat in der ehemaligen Traktorenfabrik Motrac in Altstetten Mechaniker gelernt. Im Rahmen seiner beruflichen Weiterentwicklung wechselte er in den Verkehrsbereich. Er wurde Geschäftsleiter von Busbetrieben in Regenstorf (mit weiterem Busstandort im Hagenholz) und in Kreuzlingen. In einem grösseren Teilpensum ist er für solche Unternehmungen immer noch als Berater tätig. Seine Fachkenntnisse sind vor allem gefragt, wenn es um Leitstellen und Leitstellenrechner geht.
Am Anfang des Weges zur eigenen Käserei stand wohl die Begeisterung für Käse und gute Lebensmittel insgesamt. Hayoz begann entsprechende Bücher zu lesen und sich im Internet kundig zu machen. Er besuchte Schaukäsereien und wagte in der Küche erste Versuche. Dann konnte er auf einer Alp bei Engelberg eine Ferienablösung übernehmen. Hier konnte er dem Käser bei der Herstellung von Sbrinz, Rahm, Butter und Ziger zur Hand gehen. Nach dieser praktischen Einführung wagte er den Ausbau des Kellers und die Anschaffung der Gerätschaften.
Erst käsen, dann wohnen
Hayoz produziert nun seit vier Jahren im Haus seines Sohnes in Siglistorf Käse. Er und seine Frau wohnten aber noch lange in Boppelsen. Vor einem Jahr sind sie _ nach dem Ausbau des Erdgeschosses zu ihrem «Ruhesitz» _ ins Tägerbachtal gezogen. Sie haben im Dorf Kontakte geknüpft und fühlen sich wohl. Sowohl das Käser-Hobby als auch die freie berufliche Tätigkeit erlauben eine flexible Gestaltung ihrer Zeit. Möge dieser erfüllte Ruhestand _ auch zur Freude der Liebhaber heimischer Käsespezialitäten _ noch lange fortdauern.